72 % der Frauen die meine Praxis betreten haben sind Mutter geworden…
Über diese herausragende Statistik von Frau Dr. Schweizer-Arau wollte ich mich genauer informieren, um die Wirkungen und Zusammenhänge des weiblichen Körpers besser zu verstehen, und dieses Wissen weiterzugeben.
Hierzu habe ich die folgenden Fragen in einem Interview mit ihr erörtert:
Bitte geben sie den Lesern vorab eine kurze Information zu Ihrer Person und Ihrer eigenen Intention
Mein Name ist Frau Dr. Annemarie Schweizer – Arau. Ich habe Medizin studiert und mich dann auf die Suche nach einer wirksamen Therapie für Frauen mit unerfülltem Kinderwunsch begeben.
Zuerst habe ich mich sehr für Psychotherapie interessiert, aber mir wurde schnell klar, dass im Rahmen der Psychotherapie oft mit Konzepten und Modellen gearbeitet wurde, die weit vom Erleben der Patienten entfernt waren. Dann kam ich zur Hypnotherapie, empfand diese jedoch als zu manipulativ, zwar wirksam aber zu sehr eingreifend. In der Traditionellen chinesischen Medizin TCM fand ich dann, was ich gesucht hatte, eine Betrachtung des Menschen als Ganzes. Die behandelten Patienten berichteten z. B von Rückgang der Menstruationsbeschwerden und wurden erfreulicherweise schwanger. Aus eigener Erfahrung wollte ich andere Frauen auf dem Weg zu Ihrem Herzenswunsch unterstützen. In der Auswertung meiner Statistik der Jahre 2014, 2015 und 2016 sind 72% der Frauen, die bei mir in dieser Zeit die Praxis betreten haben, Mutter geworden.
Bei Frauen unter 36 Jahren waren es sogar 82%, davon 25 % im spontanen Zyklus ohne irgendeine Unterstützung, die Mehrheit mit 33% jedoch dann mit IVF Naturelle.
Bitte erklären sie entscheidende Unterschiede zwischen der IVF – Naturelle und der hormonstimulierten IVF
Ein gravierender Unterschied ist der unphysiologische Zustand, in den der Körper während der hormonstimulierten IVF durch die hohen Hormondosen gebracht wird , um möglichst viele Eizellen zu bekommen. Der wichtigste Unterschied ist jedoch die Qualität der Eizellen. Es geht bei der herkömmlichen IVF Methode vor allem um die Quantität, die Anzahl der Eizellen. Um dieses Ziel zu erreichen, werden die körpereigenen Rückkopplungssysteme außer Kraft gesetzt. Bei der IVF naturelle geht es dagegen um die Qualität und den Erhalt des natürlichen Regelkreises. So entstehen weniger Eizellen (1 bis maximal 2 natürlich herangereiften Eizellen), aber von besserer Qualität.
Wir leben ja generell in einer Welt der Quantität, deswegen werden viele Frauen zur IVF mit Hormonen überredet, obwohl sie sich dabei unwohl fühlen, mit dem Argument „mehr ist besser“.
Die Ärzte wollen die besten Eizellen auswählen und sprechen somit in gewisser Weise dem Körper seine natürlichen, durchaus fein aufeinander abgestimmten, Prozesse ab, die beste Eizelle auszuwählen.
Trotz der vielen Eizellen von 10 – 15 oder mehr pro Zyklus bei der hormonstimulierten IVF schaffen es nur sehr wenige Eizellen sich bis zum Transfer weiter zu entwickeln, weil sie von sich aus noch gar nicht vorgesehen waren ein Leitfollikel zu werden und zum Eisprung zu gelangen. Je mehr Eizellen gewonnen werden desto schlechter ist normalerweise die Qualität der einzelnen Zelle.
Ein weiterer wesentlicher Unterschied zwischen hormonstimulierter IVF und IVF Naturelle ist, dass es bei der IVF Naturell keine Überstimulation gibt, keine Narkose zur Eizellpunktion gebraucht wird, und somit kann ein nächster Versuch, eine neue Chance, ohne weitere Wartezeit direkt im nächsten Zyklus erfolgen.
Internationale Statistiken zeigen, dass die hormonstimulierte IVF / ICSI nur in 45% der Fälle tatsächlich zur Geburt eines Kindes führt. Es bleiben also viele Frauen ohne Kind nach diesem langen und schmerzhaften Weg. Die wenigsten Frauen gehen nach den gescheiterten Behandlungen noch einmal in das Kinderwunsch-Zentrum um ein Feedback abzugeben. Sie verkriechen sich, fühlen sich fehlerhaft und dadurch oft minderwertig
Welches sind nach ihrer langjährigen Erfahrung die häufigsten Ursachen eines unerfüllten Kinderwunsches?
Das ist häufig ein Zusammenspiel vieler Faktoren; das Alter spielt tatsächlich die wichtigste Rolle.
Viele Frauen kommen zur Kinderwunschbehandlung in dem Alter in dem die Fruchtbarkeit bereits abnimmt (nach dem 35 Geburtstag). In den fruchtbarsten Jahren, wenn Lust und Liebe heiß sind, wird häufig verhütet.
Es kann auch organische Ursachen geben, z.B. verschlossene Eileiter oder die ständig durchgenommene Pille, die dazu führt, dass die Frauen nach dem Absetzen keine Blutung haben.
In unserer heutigen Welt scheint alles machbar, doch dann kommt plötzlich der Punkt an dem es Grenzen gibt, eine begrenzte Zeit der Fruchtbarkeit. Diese Erfahrung ist für viele Frauen sehr herausfordernd, weil sie uns Frauen eine Auseinandersetzung mit tiefen Gefühlen und Emotionen abverlangt.
Der Stress alles im Alltag unter einen Hut zu bringen, ist auch nicht förderlich für die Fruchtbarkeit, weil es biologisch gesehen in Stresssituationen keinen Sinn macht Nachkommen zu bekommen.
Es braucht ein Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit und ausreichenden Ressourcen um ein günstiges Milieu für Nachkommen zu erschaffen. Wenn dem Körper dagegen ständig signalisiert wird, dass Gefahr droht, werden eher Kampf- und Fluchtreflexe (Sympathikus) aktiviert und weniger Reproduktion und Regeneration (Parasympathikus).
Im IVF Alltag wird leider meist versucht, zuerst die maximale Menge an Eizellen zu gewinnen, der Körper wird maximal stimuliert und erst wenn dieser dann streikt, wird ein sanfterer Weg vorgeschlagen. (Niedrige) Hormone können gelegentlich die Qualität der Eizellen verbessern, sollten aber erst als zweiter Schritt versucht werden.
Wie wichtig ist der Zusammenhang zwischen der psychischen und körperlichen Gesundheit?
Sehr wichtig ist eine ganzheitliche und individuell auf die jeweilige Frau abgestimmte Behandlung.
Interessant ist, dass es in unserer westlichen Medizin darum geht den Tod zu vermeiden, also ein Kampf gegen den Tod, während es in China darum geht das Leben zu nähren und gesund zu gestalten.
Sterben werden wir alle irgendwann. Es geht darum so lange wie möglich gesund zu leben. So können wir die physiologischen Kräfte, die das Leben nähren, fördern, z.B. durch Bewegung, gesunde Ernährung und emotionale Ausgeglichenheit. Seit mehr als 2000 Jahren ist das das Zentrum der traditionellen chinesischen Medizin.
Es handelt sich um zwei sehr unterschiedliche Konzepte; das eine nährt das Leben, das andere verhindert den Tod und arbeitet mit Angst. Die Kinderwunschbehandlung steht ganz am Anfang des Lebens, bedient sich aber des gleichen Konzeptes. Es spielt keine so große Rolle wie es den Frauen und dem Kind geht, Hauptsache das Ziel, ein Kind, wird erreicht. Das überzeugt viele Paare mit sehnsüchtigem Kinderwunsch.
Dabei sollte das Hauptaugenmerk auf der Mutter liegen und darauf wie es ihr geht. Wenn es der Mutter richtig gut geht, wenn das innere Milieu ausgeglichen ist und eine gute Bedingung für eine Schwangerschaft besteht, dann geht es auch dem Kind gut. Das ist wie im Garten, wenn ich neue Blumen pflanzen möchte, muss ich erst das Unkraut entfernen, den Boden düngen und gut wässern, auf einem Betonboden wächst nichts.
Auf dem Weg der Fehlersuche wird sehr stark auf von der Norm abweichende Werte geschaut. Die Frau trägt dann die Schuld für Ihre „schlechten Werte“, wie z.B. dem AMH ( Anti Müller Hormon).
Das baut wiederum Druck auf und die Frau ist „Schuld“ an ihrer Situation.
Was können sie den Frauen als unterstützende Maßnahmen ans Herz legen?
Wichtig ist raus zu kommen aus dem Fehlersuchsystem und damit aus der Schuldfalle.
Die Überlegungen dürfen wieder dahingehen, was ich meinem Körper und damit für mein eigenes Wohlbefinden Gutes tun kann. Es geht darum wieder in ein Gefühl für den eigenen Körper und dessen Bedürfnissen zu bekommen, zu staunen und dankbar zu sein, welch ein Wunder unser Körper ist
Die Frauen sollten keine Akupunktur vor und nach einem Embryotransfer machen mit der Absicht sich optimieren zu müssen und bessere Chancen bei einer IVF zu schaffen. Dieses Denkmuster macht wieder Stress, und wir haben permanent das Gefühl noch dieses und jenes tun zu müssen um das Optimum zu erzielen. Dies haben auch einige Studien gezeigt.
Ein Kind ist keine Trophäe die wir uns ins Regal stellen, sondern es geht hier um ein neues Leben, Liebe schenken, Geborgenheit schenken und Freude teilen.
Welche war die schönste Erfahrung während ihrer Behandlungszeit?
Es gibt so viele…
Besonders schön sind die herausfordernden Fälle, die dann mit einer Geburt enden. Ich freue mich über jede Frau mit Bauch. Zu mir kommen ja oft die schweren, hoffnungslosen Fälle, die schon eine Odyssee hinter sich haben, und wenn ich die dann nach den vielen Tränen mit ihrem dicken Bauch oder dem Baby wiedersehe, ist das eine riesengroße Freude. Daran erinnere ich mich dann, wenn die nächste verzweifelte Frau zu mir kommt. Es ist so nett, wenn die Kinder so selbstverständlich in die Praxis hereinlaufen, nach dem Motto hier bin ich doch, was habt ihr denn…
Sie sind unsere besten Lehrmeister.